Stellungnahme der Influenza-Task-Force Österreich zur kommenden Influenza-Saison 2020/2021 (Stand 23.12.2020)

Stellungnahme der Influenza-Task-Force Österreich zur kommenden Influenza-Saison 2020/2021 (Stand 23.12.2020)

Holger Flick1, Christoph Dachs2, Kathrin Eller3,4, Philipp Eller5, Andrea Grisold14, Peter Jaksch6, Renate Hoffmann-Dorninger2, Herbert Kiss7, Robert Krause8, Regina Roller-Wirnsberger9, Helmut J. F. Salzer1, Peter Siostrzonek10, Harald Sourij11, Volker Strenger12, Florian Thalhammer8,13, Dirk von Lewinski10, Werner Zenz12

Korrespondierender Autor: Holger Flick (holger.flick@medunigraz.at)

1Österreichische Gesellschaft für Pneumologie
2Österreichische Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin
3Österreichische Gesellschaft für Transplantation, Transfusion und Genetik (AUSTROTRANSPLANT)
4Österreichische Gesellschaft für Nephrologie
5Österreichische Gesellschaft für Internistische und Allgemeine Intensivmedizin und Notfallmedizin
6Österreichische Gesellschaft für Thoraxchirurgie
7Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
8Österreichische Gesellschaft für Infektiologie und Tropenmedizin
9Österreichische Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie
10Österreichische Gesellschaft für Kardiologie
11Österreichische Diabetes Gesellschaft
12Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde
13Österreichische Gesellschaft für Innere Medizin
14Österreichische Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin

Rückblick: In den vergangenen 4 Jahren starben in Österreich laut der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) jährlich schätzungsweise zwischen 834 (Saison 2019/2020) und 4436 (Saison 2016/17) Menschen an der Influenza (1). Anders als für SARS-CoV-2 liegen für Österreich zur Häufigkeit von Influenza-Infektionen nur selektive Informationen aus Stichproben (Influenza-Sentinel-Surveillance-Systeme) und keine flächendeckenden epidemiologischen Daten vor, da mikrobiologisch bestätigte Influenza-bedingte Hospitalisierungen, -Intensivaufenthalte oder -Todesfälle in Österreich noch nicht meldepflichtig sind.

Die letzte Influenza-Saison begann in Österreich Ende Dezember 2019 mit lokalen Ausbrüchen in Tirol. Stark betroffen waren unter anderem Schulen, was vereinzelt Schulschließungen zur Folge hatte. Die Zahl der Influenza-verdächtigen Erkrankungen (ILI, influenza-like illness) stieg dann bis Mitte Februar 2020 auf ein vergleichsweise hohes Niveau und es wurde eine starke Influenza-Epidemie erwartet. Mit Beginn der COVID-19 Pandemie fiel jedoch die Zahl der erfassten ILI überdurchschnittlich schnell ab und die Influenza-Saison endete vorzeitig im März 2020 (2).

Nach den oben genannten Berechnungen der AGES kann davon ausgegangen werden, dass in der Influenza-Saison 2019/2020 deutlich weniger Menschen an Influenza erkrankten und verstarben als in den Vorjahren. Die Reduktion der Influenza-Inzidenz/-Mortalität war mit großer Wahrscheinlichkeit eine positive Nebenwirkung der im Rahmen der COVID-19 Pandemie ab März 2020 strikt umgesetzten Hygienemaßnahmen und gesamtgesellschaftlichen Beschränkungen und wurde in ähnlicher Weise weltweit beobachtet (3,4).

Ebenfalls positiv zu bewerten und ausdrücklich zu begrüßen ist die vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz 2020 getroffene Entscheidung, die Influenzaschutzimpfung in das kostenfreie Kinderimpfprogramm aufzunehmen (5,6).

Aktueller Stand, Problembereiche und Fortschritte: Die im europäischen Vergleich sehr niedrige Influenza-Durchimpfungsrate der österreichischen Allgemeinbevölkerung (< 10 %), gefährdeter Risikogruppen (ca. 20 %) und im Gesundheitswesen berufstätiger Personen ist seit Jahren hinlänglich bekannt (7-13). Die Ursachen sind vielfältig und in Anbetracht der unbefriedigenden Gesamtsituation fordert die Influenza-Task-Force deutliche Verbesserungen in folgenden Bereichen:

  • Öffentlichkeitswirksamere präsaisonale Aufklärung zur Bedeutung der Influenza-Infektion sowie der Effektivität und Verträglichkeit der Influenza-Schutzimpfung. Der öffentliche mediale Raum muss intensiver/offensiver für professionell und kreativ gestaltete Werbeaktionen genutzt werden (beispielsweise Werbeflächen an öffentlichen Plätzen und in Verkehrsmitteln, Werbespots im öffentlichen Fernsehen und Rundfunk). Auch beim medizinischen Personal besteht dringlicher Verbesserungsbedarf bezüglich der Durchimpfungsrate. Arbeitgeber/innen müssen aktiver auf die Notwendigkeit zur Influenza-Impfung hinweisen (Sorgfaltspflicht gegenüber Patienten und Patientinnen, Reduktion von Arbeitsausfällen, Schutz des Personals vor berufsbedingten Influenza-Infektionen).
  • Flächendeckende, niedrigschwellige und dezentralisierte Impfmöglichkeiten für die Allgemein-bevölkerung, speziell für Risikogruppen und deren Angehörige entsprechend dem Impfplan Österreich.
    – Bei jeglichem präsaisonalen Ärztin/Arzt-Patient/in-Kontakt (unabhängig von der jeweiligen Fachdisziplin) müssen Personen mit spezifischen Risikofaktoren (u.a. Alter über 65 Jahre, chronische Erkrankungen, Übergewicht, Schwangerschaft) auf die Influenza-Impfung hingewiesen und wenn möglich sofort geimpft werden können. Im Sinne der Fürsorgepflicht sollte die Influenza-Impfung daher auch elementarer Teil der prä- und poststationären Betreuung sein und in allen Krankenhäusern offensiver angeboten werden. Gleiches gilt für alle Altersheime und Pflegeeinrichtungen, wo jährliche präsaisonale Impfaktionen als unabdingbarer Bestandteil der medizinischen Grundversorgung implementiert werden sollten.
    – Hinderliche Standesinteressen und gesetzliche Beschränkungen müssen hinterfragt, ausgeräumt oder sinnvoll angepasst werden. So sollten alle approbierten Ärztinnen und Ärzte unabhängig von ihren Fachrichtungen befähigt sein, Kinder und Erwachsene zu impfen. Beispielsweise sollten Pädiater/innen nicht nur Kinder, sondern sinnvollerweise auch anwesende Eltern/Großeltern, und Gynäkologinnen und Gynäkologen nicht nur Schwangere, sondern in gleicher Weise gleich die Partner impfen dürfen. Auch das selbstständige Impfen durch diplomierte Krankenschwestern/-pfleger sollte stärker in Betracht gezogen und implementiert werden. Dies würde die Fachkompetenz der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe stärken und Ärztinnen und Ärzte entlasten.
    – Zur effektiven Umsetzung des kostenfreien Influenza-Impfprogramms für Kinder bis zum vollendeten 15. Lebensjahr sollten jährliche präsaisonale Impfaktionen in Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen als unabdingbarer Bestandteil der Kinderbetreuung implementiert werden.
    – Gewährleistung der zeitgerechten präsaisonalen Verfügbarkeit ausreichender Impfstoffmengen in Apotheken, Ordinationen, Krankenhäusern, Altersheimen und Pflegeeinrichtungen, damit die Allgemeinbevölkerung und in jedem Fall Risikogruppen ohne jegliche zeitliche Verzögerung geimpft werden können. Die ausreichende Impfstoffverfügbarkeit war dieses Jahr in Österreich nicht gegeben.
  • Kostenfreie Influenza-Schutzimpfung
    Wünschenswert wäre die kostenfreie Influenzaschutzimpfung für alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen unabhängig von Alter oder Risikofaktoren sowie die Befreiung aller Personen von jeglichen Impfgebühren. In jedem Fall sollte der Influenza-Impfstoff aber zumindest für alle Risikopersonen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt im Besonderen auch für Schwangere, da schwere Verläufe gehäuft in der Schwangerschaft beobachtet werden und die Influenza-Impfung dem Schutz der Mutter und des Neugeborenen dient.
    In besonderem Maße zu bedenken sind aber auch die meist bereits älteren und nicht mehr berufstätigen Menschen, die durch chronische Erkrankungen, Polymorbidität und Pflegebedürftigkeit sozial benachteiligt sind und bei denen jegliche finanzielle Barriere ein Impfhindernis darstellt. Die Verabreichung von im Impfplan empfohlenen Impfungen sollte darüber hinaus generell als ärztliche Leistung bei den Versicherungsträgern abgerechnet und nicht mehr den geimpften Personen aufgebürdet werden.
  • Verbesserung der präventiv- und speziell impfmedizinischen Ausbildung von Ärztinnen/Ärzten und Pflegekräften
    Auszubildende an Schulen für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege und Medizinstudierende sollten im Rahmen ihrer Ausbildung intensiver theoretisch und praktisch in Impfmedizin unterrichtet werden (z.B. verpflichtende Impfpraktika in zentralen Impfstellen oder bei Impfaktionen in Krankenhäusern/Pflegeeinrichtungen). Damit soll gewährleistet werden, dass sich bei den jungen Kolleginnen und Kollegen bereits frühzeitig ein fachlich fundiertes Impfbewusstsein entwickeln kann.

Erfreulich ist die seit einigen Jahren zunehmende Zahl regionaler Initiativen zur kostenlosen Impfung und/oder zum Erlass der Impfgebühr für die Allgemeinbevölkerung oder für ausgewählte Risikogruppen (Impfstraßen, Impf-Bim in Wien, regionales Impfnetzwerk u.a.). In einigen Krankenhäusern inklusive Universitätskliniken wird die Grippeschutzimpfung bereits proaktiv im prä- oder poststationären Setting angeboten. All diese Initiativen sind sehr zu begrüßen, aber den meisten Patientinnen und Patienten (noch) nicht geläufig, regional oder zeitlich begrenzt und teilweise mit bürokratischen Hindernissen versehen. Somit stellen diese prinzipiell sinnvollen Initiativen keine ausreichende Lösung für das flächendeckende Problem der zu geringen Influenza-Durchimpfungsrate in Österreich dar. Auch in Zukunft werden vor allem Allgemeinmediziner/innen und eine ausreichende, breitflächige und niedrigschwellige Impfstoff-Verfügbarkeit eine entscheidende Rolle bei der Influenza-Prävention spielen.

Positiv zu bewerten ist auch die zunehmende Zahl an Informations- und Aufklärungsaktivitäten unterschiedlicher medizinischer Fachdisziplinen, wie beispielsweise die von der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft ins Leben gerufene Internetseite IMPFENSCHÜTZT (www.impfenschuetzt.at). Die zeitgerechte Impfaufklärung und -durchführung wird nicht mehr nur an Allgemeinmediziner/innen, Pädiater/innen und staatliche Impfstellen delegiert, sondern in zunehmendem Maße auch von Fachärztinnen und Fachärzten aller Fachrichtungen als Teil der fachspezifischen medizinischen Versorgung verstanden und unmittelbar umgesetzt.

Und letztendlich wurde im Herbst 2020 die gesetzliche Grundlage für den elektronischen Impfpass gelegt und Ende Oktober begann die erste Pilotphase in einzelnen öffentlichen Impfstellen.

Ausblick: Wie die spätestens Anfang Jänner 2021 beginnende Influenza-Saison 2020/2021 in Österreich verlaufen wird, ist von vielen Faktoren abhängig und schwer vorhersehbar. In jedem Fall ist auch in der Saison 2020/2021 mit Influenza-Erkrankungen, -Hospitalisierungen und -Todesfällen zu rechnen. Im Gegensatz zur SARS-CoV-2-Infektion spielen Kinder (<14 Jahre) bei der Verbreitung der Influenza eine zentrale Rolle. Da versucht wird, die direkte Kinderbetreuung (Kindergärten und Schulen) trotz fortdauernder COVID-19 Pandemie soweit wie möglich aufrechtzuerhalten, sind Influenza-Infektionen (inklusive Cluster und Hot Spots) bei Kindern und sekundäre Übertragungen auf Jugendliche und ältere Menschen zu erwarten. Zusätzlich wird das Bestreben, ein vertretbares Maß an sozialem und wirtschaftlichem Leben trotz COVID-19 Pandemie in Österreich zu gewährleisten, die jetzt kommende Influenza-Epidemie möglicherweise weniger effektiv einschränken als in der letzten Saison.

Die COVID-19 Pandemie ist aber auch aus anderen Gesichtspunkten eng mit der jährlichen Influenza-Epidemie verknüpft. SARS-CoV-2- und Influenza-Infektionen können beide schwer verlaufen und betroffene Personen müssen im Krankenhaus isoliert werden. Selbst eine nur moderate Influenza-Saison 2020/2021 kann daher zu einer zusätzlichen oder prolongierten kritischen Belastung des bereits durch die COVID-19 belasteten Gesundheitswesens führen. Daher sollten ab sofort nicht mehr nur hospitalisierte COVID-19 Personen erfasst werden, sondern in gleicher Weise auch hospitalisierte Influenza-Fälle.
Darüber hinaus wird die Implementierung der SARS-CoV-2 Impfung auf in Österreich verankerte Impfhindernisse stoßen, die von anderen Impfungen bereits bestens bekannt sind. Eine unzureichende effektive SARS-CoV-2 Durchimpfungsrate hätte aber für Österreich ernsthafte Auswirkungen auf die dringlich notwendige rasche Pandemie-Kontrolle. Die aktuellen Bestrebungen einer zeitnahen, effizienten und breitflächigen SARS-CoV-2 Impfstoff-Implementierung stellen somit auch eine bedeutsame Chance zur nachhaltigen Verbesserung der seit Jahren zu niedrigen Durchimpfungsraten bei Influenza-, Masern-, Pneumokokken- und Pertussis-Schutzimpfungen dar. Die jetzt verbesserten und teilweise neu geschaffenen Strukturen zur Erreichung notwendiger Durchimpfungsraten müssen über die COVID-19 Pandemie hinaus auch für die anderen impfpräventablen Infektionskrankheiten fest verankert und ausgebaut werden.

Aus oben genannten Gründen spricht die Influenza-Task-Force Österreich in der aktuellen Situation folgende Empfehlungen aus:

  • Bis wann impfen: Die Influenza-Saison beginnt in der Regel Anfang Januar und erreicht ihren Höhepunkt oft erst zwischen der 6. und 7. Kalenderwoche. Der optimale Impfzeitpunkt ist vor Beginn der Influenza-Saison. Viele Kinder und Risikopatienten sind aber Ende Dezember aus Mangel an Gelegenheit oder Impfstoff immer noch nicht geimpft. Soweit Influenza-Impfstoff verfügbar, ist es daher wichtig, dass noch nicht geimpfte Personen wie Kinder (6. Lebensmonat bis zum 15. Lebensjahr im Rahmen des kostenfreien Kinderimpfprogramms), Gesundheitspersonal, Mitarbeiter/innen von Kinderbetreuungseinrichtungen, Schwangere (auch im 1. Trimenon), ältere Menschen und Personengruppen mit spezifischen medizinischen Risikofaktoren (u.a. chronische pulmonale, kardiovaskuläre, renale, neurologische Erkrankungen, Diabetes mellitus, schweres Übergewicht, Immundefekte) bis ca. Mitte Februar weiterhin an die noch ausständige Influenza-Schutzimpfung erinnert werden.
    Für einige Personen sind zwei Influenza-Impfungen in einem Abstand von mindestens 4 Wochen empfohlen (beispielsweise bei erstmaliger Impfung von Kindern bis zum 9. Lebensjahr; für Personen >65 Jahre, die primär nur mit einem trivalenten Impfstoff geimpft wurden und wenn zusätzlich Influenza B Yamagata gehäuft zirkuliert; für immungeschwächte Personen). Auch in diesen Fällen sollten noch nicht erfolgte Zweitgaben bis ca. Mitte Februar angeboten werden.
  • Verantwortlichkeit für die Impfung: Für die Verabreichung der Influenza-Schutzimpfung sollten sich nicht nur ambulant tätige Pädiater/innen, Allgemeinmediziner/innen und die öffentlichen Impfstellen verantwortlich fühlen, sondern in stärkerem Maße auch Krankenhäuser (und damit assoziierte Ambulanzen) und im ambulanten Bereich alle medizinischen Fachdisziplinen, die o.g. Influenza-Risikopatienten betreuen (inklusive Ordinationen für Innere Medizin jeglicher Subspezialisierung, Gynäkologie, Neurologie und alle onkologisch tätigen Fachdisziplinen). Wünschenswert ist für alle o.g. Risikopatienten, dass bei jeglichem Arztkontakt unmittelbar vor der Influenza-Saison das Thema Influenza-Impfung angesprochen und bei Impfbereitschaft die Impfung sofort appliziert oder kurzfristig konkret geplant wird.
  • Schütze dich selbst und Deine Familie: Bei älteren und immunsupprimierten Patientinnen und Patienten kann die Influenza-Impfung weniger effektiv sein, und ältere Menschen erhalten entsprechend den Empfehlungen des Impfplans Österreich 2020 primär einen Dreifachimpfstoff mit einer potentiellen Impflücke im Bereich der Influenza B Subtypen. Daher sollten Familienmitglieder und Haushaltskontakte von ärztlicher Seite aktiv zur Influenza-Schutzimpfung (bei Personen vor dem vollendeten 65. Lebensjahr vorzugsweise ein Vierfachimpfstoff) aufgefordert werden, um einen „familiären“ Nestschutz aufzubauen.
  • Kostenfreie Influenza-Impfung für Ältere und Risikopersonen: Aktuell ist die Influenza-Schutzimpfung regulär nur im Rahmen des Kinderimpfprogramms kostenfrei erhältlich. Wie in anderen europäischen Ländern bereits seit Jahren etabliert (und wie auch bei der SARS-CoV-2 Impfung zu erwarten) sollte die Impfung nach Möglichkeit für jede impfwillige Person, besonders für ältere Personen und unbedingt Menschen mit spezifischen Risikofaktoren inklusive Schwangere kostenfrei und ohne Impfgebühr angeboten werden.
  • Niedrigschwelliges Impfangebot: Niedrigschwellige und innovative Impfmöglichkeiten wie beispielsweise Impf-Bim/-Bus, Impfstationen auf Flughäfen, zentralen Bahnhöfen, Einkaufszentren oder Kultureinrichtungen sollten fix etabliert und weiter ausgebaut werden. Lokale Impfinitiativen und Impfnetzwerke benötigen mehr öffentliche Unterstützung und mehr mediale Präsenz.
  • Influenza Meldepflicht: Wie in anderen europäischen Ländern bereits seit Jahren üblich (und wie aktuell auch bei SARS-CoV-2 Infektionen in Österreich gut etabliert) sollten mikrobiologisch bestätigte hospitalisierungspflichtige Influenza-Erkrankungen und zusätzlich auch intensivpflichtige Influenza-Erkrankungen ab sofort meldepflichtig sein und fortlaufend wie auch bei SARS-CoV-2 veröffentlicht werden.
  • Präventivmedizinische Ausbildung intensivieren: Impfmedizinische Aspekte müssen im Medizinstudium und in der Ausbildung zu Gesundheits- und Krankenpfleger/innen stärker implementiert werden. Zusätzlich sollte die Influenza-Impfung im prä- und poststationären und ggf. auch im stationären Bereich regulär angeboten und durchgeführt werden. Dadurch werden nicht nur mehr Patientinnen und Patienten erreicht, sondern junge Mediziner/innen werden im Rahmen ihrer praktischen Krankenhausausbildung im Impfwesen aktiv ausgebildet, was Einfluss auf ihre spätere Tätigkeit im niedergelassenen Bereich haben sollte.

Zusammenfassung: In Anbetracht der COVID-19 Pandemie steht die kommende Influenza-Saison nicht im Fokus der allgemeinen Aufmerksamkeit. Trotzdem sollten gerade wegen der Pandemie-Situation alle Maßnahmen ergriffen werden, um die Zahl der an Influenza erkrankten Personen in der Saison 2020/2021 so niedrig wie möglich zu halten. Um dies in der bald beginnenden Influenza-Saison 2020/2021 und den kommenden Jahren zu erreichen, ist eine möglichst hohe Influenza-Durchimpfungsrate bei Kindern und Risikogruppen notwendig. Hierfür muss das österreichische Gesundheitssystem dringlich weiterführende Anpassungen im Bereich Influenza-Impfstoff-Finanzierung, -Implementierung und letztendlich auch in der impfmedizinischen Ausbildung von Mediziner/innen und Pflegekräften ins Auge fassen. Zusätzlich sollten schwere Influenza-Erkrankungen auch in Österreich als meldepflichtige Erkrankung klassifiziert und somit systematisch flächendeckend erfasst werden. In Hinblick auf die bald verfügbaren SARS-CoV-2 Impfstoffe sollte deren Implementierung auf den Erfahrungen und bereits bestehenden Strukturen der Influenza-Prävention aufbauen und vor der Saison 2021/2022 mit der Influenza-Impfung direkt verknüpft werden. Umgekehrt sollten aber auch die im Rahmen der SARS-CoV-2 Impfstoff-Implementierung geschaffenen neuen Strukturen für die zukünftige Verbesserung der Influenza-Durchimpfungsrate genutzt werden.

Quellen:

  1. https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/grippe/mortalitaet/ abgerufen am 30.11.2020
  2. https://www.virologie.meduniwien.ac.at/wissenschaft-forschung/virus-epidemiologie/influenza-projekt-diagnostisches-influenzanetzwerk-oesterreich-dinoe/vorhergehende-saisonen/saison-20192020/, abgerufen am 08.12.2020
  3. https://www1.health.gov.au/internet/main/publishing.nsf/Content/ozflu-surveil-no16-20.htm, abgerufen am 30.11.2020
  4. Olsen SJ, Azziz-Baumgartner E, Budd AP, et al. Decreased Influenza Activity During the COVID-19 Pandemic — United States, Australia, Chile, and South Africa, 2020. MMWR Morb Mortal Wkly Rep 2020;69:1305–1309. DOI: http://dx.doi.org/10.15585/mmwr.mm6937a6external icon
  5. https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Impfen/Kostenfreies-Kinderimpfprogramm.html, abgerufen am 09.12.2020
  6. https://www.gesundheit.gv.at/aktuelles/grippe-kinderimpfprogramm, abgerufen am 09.12.2020
  7. Smolle E, Roeblreiter T, Flick H. Vaccination rates against pneumococcal and influenza infection in hospitalized cardiologic and pneumologic patients need to be improved. European Respiratory Journal 2018, Sep; 52(Suppl.62):PA4502; DOI: 10.1183/13993003.congress-2018.PA4502
  8. Harrison, N., Poeppl, W., Herkner, H., Tillhof, K., Grabmeier‐Pfistershammer, K., Rieger, A., Forstner, C., Burgmann, H. and Lagler, H. (2017), Predictors for and coverage of influenza vaccination among HIV‐positive patients: a cross‐sectional survey. HIV Med, 18: 500-506. https://doi.org/10.1111/hiv.12483
  9. Harrison N, Poeppl W, Miksch M, Machold K, Kiener H, Aletaha D, Smolen JS, Forstner C, Burgmann H, Lagler H. Predictors for influenza vaccine acceptance among patients with inflammatory rheumatic diseases. Vaccine. 2018 Aug 6;36(32 Pt B):4875-4879. doi: 10.1016/j.vaccine.2018.06.065. Epub 2018 Jul 3. PMID: 29980390.
  10. Poeppl W, Lagler H, Raderer M, Sperr WR, Zielinski C, Herkner H, Burgmann H. Influenza vaccination perception and coverage among patients with malignant disease. Vaccine. 2015 Mar 30;33(14):1682-7. doi: 10.1016/j.vaccine.2015.02.029. Epub 2015 Feb 24. PMID: 25720791.
  11. https://oevih.at/wp-content/uploads/2019/05/impfverhalten_influenza_in_oesterreich_status_2019.pdf, abgerufen am 22.12.2020
  12. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/550881/umfrage/umfrage-in-oesterreich-zur-aktualitaet-der-grippeimpfung/, abgerufen am 22.12.2020
  13. http://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/gesundheit/gesundheitsversorgung/gesundheitsvorsorge/index.html, abgerufen am 22.12.2020 

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