STELLUNGNAHME DER ÖSTERREICHISCHEN GESELLSCHAFT FÜR INFEKTIONSKRANKHEITEN UND TROPENMEDIZIN ZUR SARS-CoV-2 TESTUNG
SARS-CoV-2 kann grundsätzlich unter bestimmten Bedingungen von Mensch zu Mensch übertragen werden (Tröpfcheninfektion) (1). Das Infektionsrisiko ist stark vom individuellen Verhalten (Abstand halten, Masken, ….) und der regionalen Verbreitung abhängig. Hierbei spielen Kontakte in Risikosituationen (wie z.B. langer face-to-face Kontakt) eine besondere Rolle (2).
Wesentlich ist daher die Einhaltung von Hygienemaßnahmen! Dazu zählen das Abstandhalten, die Händehygiene, das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckung wie Allgemeinmasken (AHA-Regel) in bestimmten Situationen sowie das Einhalten von Husten- und Niesregeln als auch eine gute Belüftung beim Aufenthalt in geschlossenen Räumen. Alle Personen, die unter möglichen Symptomen von COVID-19 leiden, müssen daheimbleiben und sich auskurieren (1).
Das unsystematische, unreflektierte, großflächige Testen sowie das Screenen im Tourismusbereich oder anderen Bereichen des Gesellschaftslebens (hauptsächlich gesunde und symptomlose Personen) ist kein geeignetes Mittel, um eine präzise Information zur epidemiologischen Situation zu erhalten bzw. um die Pandemie einzudämmen. Ein positiver SARS-CoV-2 PCR Befund bei einer symptomfreien Person stellt noch keine Infektionsdiagnose dar und sagt nichts über die Infektiosität der getesteten Person aus (Überbleibsel „viral debris“ einer abgelaufenen Infektion). Zudem ist bei einer Stichprobe, die fast nur aus gesunden Personen besteht, die Wahrscheinlichkeit für falsche Testergebnisse sehr hoch. Personen, die an COVID-19 erkrankt waren, sollen in den nächsten Monaten danach nicht mehr mit einer SARS-CoV-2-PCR getestet werden.
Überträgerinnen und Überträger des neuen SARS-CoV-2 sind im Wesentlichen Personen, die bereits COVID-19-Symptome zeigen oder kurz davor sind, symptomatisch zu werden (1). Deshalb ist es für die Abschwächung der Pandemiefolgen wichtig, Menschen mit Symptomen zu testen und diese rasch, d.h. innerhalb von Stunden, abzuklären und zu isolieren.
Statt ungezielter Massentestungen sollten Screenings auf Risikogruppen beschränkt werden, um die Vortestwahrscheinlichkeit zu erhöhen (also Personen mit COVID-typischer Symptomatik und vorangegangener Exposition) bzw. situationsbedingt auf besonders vulnerable Bereiche wie beispielsweise Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen.
Testen ohne Anlass führt auch zu einem falschen Sicherheitsgefühl. Denn auch ein negativer PCR-Nachweis ist nur eine Momentaufnahme, schließt eine Infektion nicht aus und entbindet nicht von Hygiene- und Schutzmaßnahmen (AHA-Regel).
Präventives Testen ohne begründeten Verdacht belastet die vorhandene Testkapazität und verzögert die Identifizierung von wirklich erkrankten Personen. Auf den Punkt gebracht wurde es in der aktuellen Ausgabe des New England Journal of Medicine: „We urgently need to shift our attention from a narrow focus on the analytic sensitivity of a test (the lower limit of its ability to correctly detect small concentrations of molecules in a sample) to the more relevant measure of a testing regimen’s sensitivity to detect infections“ (3).
Daher sollten primär die folgenden Personengruppen getestet werden:
- Symptomatische Personen
- Enge Kontaktpersonen von an COVID-19 nachweislich Erkrankten
- Situationsbedingt in Risikoeinrichtungen
- Situationsbedingt in Krankenanstalten bzw. anderen Gesundheitseinrichtungen
Für den ÖGIT-Vorstand am 4. Oktober 2020
Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer, Präsident
Univ.-Prof. Dr. Günter Weiss, Vizepräsident
Referenzen
(2) Occurrence and transmission potential of asymptomatic and presymptomatic SARS-CoV-2 infections:
A living systematic review and meta-analysis. PLoS Med 2020 Sep 22;17(9):e1003346
(3) Rethinking Covid-19 Test Sensitivity – A strategy for containment. N Engl J Med 2020 Sept 30
(4) https://www.ecdc.europa.eu
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